Effizienzverlust und Überlastung in Integrations- und Berufssprachkursen

Christiane Carstensen • Nov. 16, 2020

Infos rund um DaZ für Sprachkursträger und Lehrkräfte in Integrationskursen und Berufssprachkursen

Sprachkursträger und Lehrkräfte berichten aus der Praxis, dass die aktuellen Rahmen- und Förderbedingungen für die Integrations- und Berufssprachkurse einen gravierenden Effizienzverlust für den Unterricht mit sich bringen. Die Teilnehmenden, denen nur ein begrenztes Stundenkontingent zur Verfügung steht, werden dieses nicht umfänglich nutzen können, um ihre sprachlichen Ziele zu erreichen.

Der Bund hat die Durchführung von Integrations- und Berufssprachkurse unter Corona bis zum 31.12.20 durch fünf mögliche Unterrichtsmodelle geregelt:
  • Modell 1 (Präsenzunterricht in ausreichend großen Räumlichkeiten)
  • Modell 2 (Virtuelles Klassenzimmer)
  • Modell 3 (Präsenzunterricht mit Livestream-Übertragung in zweiten Kursraum)
  • Modell 4 (Präsenzunterricht mit zugeschaltetem virtuellen Klassenzimmer)
  • Modell 5 (Präsenzunterricht mit einer Lehrkraft in zwei Kursräumen)

Träger, die keine ausreichend großen Räume haben, um einen Kurs unter den aktuellen Hygieneauflagen durchzuführen, können auf online-Unterricht ausweichen oder müssen den Kurs in zwei Gruppen teilen und von einer Lehrkraft gleichzeitig unterrichten lassen. Diese Modelle machen zwar ein Unterrichten weiterhin möglich und wir begrüßen diese Möglichkeit sehr, gleichzeitig haben sie aber auch gravierende Auswirkungen auf die Effizienz und die Qualität des Spracherwerbs. Wir hoffen, dass der Bund den Teilnehmenden Ausgleichsangebote zur Verfügung stellt.

Wir befürchten, dass ein Teil der Lerner*innen in Integrations- und Berufssprachkursen das ihnen zur Verfügung stehende Unterrichtskontingent nicht voll ausschöpfen und das anvisierte Sprachziel nicht erreichen kann.

Effizienzverlust durch gleichzeitiges Unterrichten von zwei Gruppen
Die zugelassenen Unterrichtsmodelle 2-4 setzen darauf, dass ein bestehender Kurs in zwei Teilgruppen geteilt und gleichzeitig von EINER Lehrkraft unterrichtet wird. Das kann in Präsenzform geschehen, d.h. die Lehrkraft wechselt während des Unterrichts zwischen den Räumen hin und her. Das kann aber auch in hybrider Form geschehen, d.h. eine Gruppe wird live online in einen Präsenzkurs dazugeschaltet. Auch wenn Lehrkräfte dieser Anforderung im Rahmen der Möglichkeiten kurzfristig methodisch-didaktisch begegnen können, sind gravierende  Effizienzverluste auf Dauer nicht zu leugnen; von einer Überlastung der Lehrkräfte und Teilnehmenden ganz zu schweigen.

Effizienzverlust in online-Formaten
Online-Unterricht per se ist nicht weniger effizient. Träger und Lehrkräfte haben sich in den letzten Monaten technisch und methodisch-didaktisch hervorragend auf dieses Format hin ausgerichtet, das BAMF hat parallel die rechtlichen Bedingungen dazu geschaffen. . Aber man muss der Realität ins Auge sehen. Wer selbst in Videokonferenzen unterwegs war, weiß, dass die Qualität sozialer und technischer Interaktivität mit der Anzahl der "Kacheln" abnimmt. Wenn dann in großen Gruppen noch das Internet instabil ist und einige Teilnehmende digital unerfahren oder ohne geeignete Endgeräte sind, kann man die Unterrichtszeit nicht mehr zu 100% für die Sprachvermittlung nutzen.

Effizienzverlust durch Maskenpflicht
Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes während des Unterichts mag ein wirksames Instrument der Pandemie-Bekämpfung sein, gleichzeitig ist es aber auch ein Faktor, der den Unterricht weniger effizient macht. Eine österreichische Kollegin erklärt, wie sich das Tragen einer Maske auf den Unterricht und den Spracherwerb auswirkt.

Individuelle Lernbiographien werden unterbrochen
Durch den Lockdown vieler Kurse im Frühjahr, aber auch aufgrund individueller Fehlzeiten durch Corona oder Quarantäneauflagen, konnten viele Teilnehmende nicht kohärent an einem Kurs teilnehmen, sondern mussten ihren Kurs unterbrechen und anschließend in andere Kurse wechseln. Diese Fluktuation belastet die Kurse als lernende Einheiten, aber natürlich auch den Spracherwerb einzelner Teilnehmer*innen, wenn sie lange ohne Unterricht sind oder sich in neue Kurse einfinden müssen. Zudem versickert unter Quarantäne oder Krankheit ein beträchtlicher Teil der Stunden.

Die aktuellen Regularien der Integrations- und Berufssprachkurse unter Corona sind zum 31.12.20 befristet.
Eine gute Möglichkeit für den Bund, die o.g. Erfahrungen in die Neukonzeption der Kurse ab dem 01.01.21 aufzunehmen und dem Effizienzverlust in den Kursen durch verschiedene Maßnahmen entgegenzuwirken.

Wir brauchen
  • eine Finanzierung, die auf eine durchgehend anwesende und qualifizierte Lehrkraft setzt.
  • eine Finanzierung kleiner Gruppen.
  • eine Flexibilisierung der Stundenkontingente für die Teilnehmenden in den Integrations- und Berufssprachkursen, um den o.g. Effizienzverlust des Unterrichtens unter Corona auszugleichen.
  • eine Finanzierung, die die Anstrengungen und Aufwendungen von Lehrkräften und Trägern, den Unterricht unter Corona-Bedingungen durchzuführen, besser abbildet.
  • eine Flexibilisierung und Bürokratieabbau bei Kurswechseln von Teilnehmenden.

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