Fortbildungen für Lehrkräfte - Fristverlängerung des Interessensbekundungsverfahrens und grundsätzlicher Reformbedarf

Christiane Carstensen • Sept. 01, 2021

Aktuelle Infos rund um DaZ für Lehrkräfte und Sprachkursträger in Integrationskursen und Berufssprachkursen

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat die Frist für das Interessensbekundungsverfahren zu Fortbildungsangeboten für Lehrkräfte zum Umgang mit verfassungsfeindlichen Äußerungen im Unterricht verlängert. Projektträger können ihre Anträge bis zum 30.09.21 stellen. Während anfangs noch die Durchführung der Fortbildungen auf 2021 terminiert wurde, können die Termine jetzt auch 2022 durchgeführt werden.

Als BVIB fremdeln wir mit der aktuellen Fortbildungsstruktur für die Integrations- und Berufssprachkurse. Ohne das hochwertige, bedarfsorientierte und kostenfreie Fortbildungsangebot der Lehrwerks-Verlage - besonders genannt seien hier Hueber und Cornelsen  - hätten wir in den letzten 1,5 Jahren die Anforderungen z.B. des online-Unterrichts nicht so schnell und gut in den Integrations- und Berufssprachkursen umsetzen können. Aus eigenen Kräften können nur große Träger wie die Volkshochschulen ein hauseigenes Fortbildungsangebot stemmen, da Fortbildungen weder in den Lehrkräftehonoraren noch in den Kursfinanzierungen eingepreist sind.

Die additiven Zusatzqualifizierungen stehen nur für bestimmte, vom BAMF gesetzte Themen zur Verfügung und kamen wie die ZQ Trauma oder die ZQ Berufssprachkurse (BSK) um Jahre zu spät. Die Konzeption der ZQs wird zudem vom BAMF von oben festgelegt; ein u.E. praxisferner Prozess, den auch die Einbindung von Expert*innen nicht "weißwaschen" kann. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die Akzeptanz und Relevanz der Formate und Inhalte für die Praktiker*innen. Neben anderen kritischen Rahmenbedingungen waren die Inhalte der ZQ Berufssprachkurse für viele Lehrkräfte mit einem DaFZ-Studium, Berufserfahrung und weitergehender Fortbildungsbiographie redundant. Diese Kolleg*innen hatten durchaus den Wunsch, sich darüberhinaus fortzubilden, aber die Themen, die ihnen tatsächlich auf den Nägeln brennen, hatten keinen Raum in der Konzeption der ZQ.

Dass es im Format der additiven Zusatzqualifizierungen keinen Prozess gibt, aktuelle und bedarfsorientierte Themen einzubinden, hat sich in der Diskussion um antisemitismuskritische Bildungsarbeit gezeigt. Auf dieses Vakuum hat das BAMF schnell mit einem Interessensbekundungsverfahren reagiert, an dem sich Träger, die diese Fortbildungen anbieten wollen, beteiligen können. Dass jetzt die Frist verlängert wurde, lässt allerdings vermuten, dass sich zu wenige Träger an dem Verfahren beteiligen.

Die Fortbildungsstruktur für die Integrations- und Berufssprachkurse erinnert insgesamt an das Fressverhalten einer Schlange. Aktuell sind nahezu alle Träger und Fortbildner*innen aus unserer Branche, die entsprechende Fortbildungsangebote inhaltlich und strukturell wuppen können, mit der ZQ Berufssprachkurse am Limit. Statt auf bewährte und erfahrene Fortbildner*innen zu setzen, die ihre Fortbildungsangebote durch einen verstetigten "Markt" professionalisieren können, werden aktuell für einen extrem kurzen Zeitraum Dozent*innen im Schnellverfahren akkreditiert, während ab Mitte 2022 die Beschäftigungsmöglichkeiten und Ressourcen sowohl der Fortbildner*innen als auch der ZQ-Anbieter dann wieder auf nahezu Null heruntergefahren werden. Nachhaltig ist das nicht.

Wie machen das andere Bildungsbereiche?

Ein Beispiel ist das Fortbildungsangebot für Lehrkräfte an allgemeinen Schulen in NRW. Fortbildungen werden hier im Zusammenspiel von speziellen Kompetenzzentren, dort akkreditierten Lehrkräften und den Bezirksregierungen orchestriert. Dieses Angebot wird durch ein breites Fortbildungsspektrum durch eine Vielfalt anderer Anbieter und Träger ergänzt, die sich durch ein Zertifizierungsverfahren ausweisen müssen. Diese Angebote können von den Schulen aus Fortbildungsbudgets finanziert werden. Es gibt also ein verstetigtes und durchaus staatlich gesteuertes Angebot, das aber durch ein freies Angebot schnell auf dynamische Entwicklungen reagieren kann und das auch Lehrkräfte nach ihrem persönlichen Bedarf steuern können. Das Angebot richtet sich übrigens nicht nur an Lehrkräfte, sondern bindet auch das Bildungsmanagement ein.

Wie man die Expertise von Wissenschaft auch einbinden kann, zeigen die Qualitätsoffensive Lehrerbildung auf Grundlage einer Bund-Länder-Vereinbarung und den Förderrichtlinien des Bundesministeriums für Bildung und Forschung oder das Hochschulforum Digitalisierung.

Es braucht aus unserer Sicht dringend eine Reform für Integrations- und Berufssprachkurse, die Teilhabe von Lehrkräften und Trägern als unabdingbares Element einer professionellen und bedarfsorientierten Fortbildungsentwicklung zulässt und nicht ausschließt.

Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, berufliche Weiterbildung und lebensbegleitendes Lernen stärker als bisher zu fördern. Unter Federführung des BMBF und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ist so die Nationale Weiterbildungsstrategie (NWS) entstanden. Diese Strategie setzt nach eigenen Angaben in der Umsetzung vor allem auf agile Methoden. Das müsste auch zur Grundlage der Fortbildungsstruktur in den Integrations- und Berufssprachkursen werden. Ob und wie sie in die Nationale Weiterbildungsstrategie eingebunden wird, ist uns nicht bekannt.
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